Früher noch die Herberge der Olympiateilnehmerinnen, heute das Zuhause vieler Münchner Studenten. Das Studentenviertel Olympisches Dorf ist heiß begehrt. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Oly-Dorf zu einer eigenen kleinen, urbanen Dorfgemeinschaft entwickelt. Auf engstem Raum leben dort 2000 Studenten. Doch wie lebt es sich so eng aufeinander? Ein Blick in 19 Quadratmeter Studentenleben.
Infos zum Olympischen Dorf
- 1052 Bungalows und ein Hochhaus
- Wohnfläche ca. 19 Quadratmeter
- Einrichtungen im Dorf:
- Disco
- Bar
- Wirtschaft
- Filmclubraum
- Holz- & Metallwerkstatt
- Töpferstube
- Lesesaal
- Musikübungsraum
Wo sich am Sonntag noch zahlreiche Studenten getummelt haben, um zusammen Glühwein zu trinken und Lebkuchen zu essen, ist es heute still. Der Dorfplatz liegt ruhig in der Mitte des Studentendorfes. Nur selten läuft jemand durch die Gassen. Sofort fallen einem die Betonklötze ins Auge, die wie Bausteine aneinander gereiht dort stehen. Einzelne dieser Bausteine sind bunt, fast wie Legosteine. Auf einem kann man Spongebob Schwammkopf und seine Freunde sehen, auf einem anderen hat das Dschungelbuch sein zuhause gefunden. Wieder ein anderer sieht aus, wie eine bayerische Hütte und heißt passender weise „Villa Bavaria“. Und dann gibt es da noch diese grauen Häuschen, die das Schrille der anderen Bungalows neutralisieren.
Immer wieder fährt ein Fahrrad über den großen Dorfplatz, der sich im Zentrum des Studentenviertels befindet. Einzeln hetzen Studenten durch das Dorf. Sie kommen heim, oder gehen weg. Begleitet werden sie von Krähengeschrei. Den Verkehr kann man hier nicht wahrnehmen, obwohl das Dorf nur wenige Meter von der Straße entfernt liegt. Knapp 2000 Studenten haben im Studentenviertel Olympisches Dorf ein zuhause gefunden. Für die einen ist es nur ein Ort zum Wohnen, für die anderen ist es fast wie Familie.
Studenten im Olympiazentrum e.V.
Der Verein „Studenten im Olympiazentrum e.V.“ organisiert die studentische Selbstverwaltung im Dorf. Alle Einrichtungen des Vereins wie beispielsweise die Disco oder die Bierstube werden von den Studenten selbst betrieben und verwaltet.
Die „Oly-Dorf Sekte“
Knapp 800 Studenten haben ein Zimmer im Hochhaus, 1200 Studenten leben in einem Bungalow, so wie Janine Del Grande. Die 27-Jährige studiert Master Italienstudien und ist schon seit 2009 im Dorf. Von vielen wird sie nur die „Dorf-Mama“ genannt. „Es ist wie ein Dorf auf dem Land, nur eben mit Studenten“, sagt sie. Jeder im Dorf kennt die Halbitalienerin. Es ist fast unmöglich, dass Janine sich irgendwo im Dorf aufhält, ohne dass jemand mit einer Bitte oder eine Frage an sie herantritt. Denn Janine ist schon seit drei Jahren 2. Vorstand im Verein „Studenten im Olympiazentrum e.V.“ tätig, länger als je ein anderer zuvor.
„Ich bin da so reingerutscht“, erklärt Janine. Das Dorf bezeichnet Janine als eine riesen große Gemeinschaft. „Die Oly-Dorf Sekte“, wie sie witzelt. Am meisten schätzt Janine die kulturelle Vielfalt im Dorf. „Du lernst mit Menschen umzugehen und auf Bedürfnisse einzugehen.“ Ihre gesamte Freizeit steckt die 27-Jährige in den Verein. Neben dem Studieren und zwei Nebenjobs ist der Verein ihre Leidenschaft. „Ich schlafe wenig, aber ich mach es halt auch gerne“, erklärt Janine stolz.

Es ist wie ein Dorf auf dem Land, nur eben mit Studenten.
Cocktails, Bier und laute Musik
Genauso wie Björn Hagedorn: Als Hauptverantwortlicher für die Oly-Lounge und die Oly-Disco verbringt er dort viele Stunden jede Woche. Er bekäme zwar dafür Geld, aber das stehe in keiner Relation mit dem Aufwand. Aber auch er macht es für den Verein. Des Geldes wegen macht er es jedenfalls nicht, erklärt er. Einmal die Woche öffnet die Disco ihre Türen. An diesem Tag ist sie gut besucht. Am vollsten ist die Disco aber bei Fachschaftspartys oder Mottopartys. Björns Repertoire an Geschichten aus der Disco ist unendlich. Herausgerissene Heizungen, gebrauchte Kondome in der Disco oder auch die Umfunktionierung der Disco-Ecke zur Toilette. All diese Geschichten hat der Chemiestudent miterlebt. „Hier werden Legenden geschrieben“, erklärt er.
Seit fünf Jahren lebt der 26-Jährige nun schon im Dorf. „So habe ich das noch nie erlebt“, erzählt Björn. Vom Leben im Dorf schwärmt er: Im Sommer könne man ohne Probleme einfach die Türen offenlassen, man trifft sich zum gemeinsamen Grillen, jeder kennt jeden. „Nach einem halben Jahr kennst du deine Nachbarn in und auswendig.“
Urig und gemütlich kommt die Bierstube daher. Das kleine Lokal im Herzen des Dorfes hat einen bayerischen Charme und ist nicht umsonst bei den Bewohnern im Dorf so beliebt. Auch die Bierstube wird von den Studenten selbst betrieben und verwaltet. Marco Knüver trägt hier die Verantwortung. „Sie haben mich ein bisschen überreden müssen“, sagt der 24-Jährige. Seit Juli ist er der Hauptverantwortliche in der Bierstube. Auch er ist gern im Verein tätig. „Ich habe einfach Bock drauf, das zu machen.“
Seit 2012 lebt der Masterstudent im Studentenviertel. Anders als die Anderen wohnt er im Hochhaus. „Die Leute dort reden kaum miteinander“, erklärt Marco. Im Hochhaus sei alles viel anonymer als im Bungalowdorf, man sei irgendwie abgeschottet vom Dorf. Vielen aus dem Hochhaus sei das Dorfleben egal. „Wenn man niemanden kennt und im Hochhaus wohnt, lernt man auch schwierig jemanden kennen“, sagt er. Er selbst hat Glück, denn er ist im Verein tätig und somit voll in das Dorfleben integriert. Für andere scheint sich das jedoch, ohne im Verein tätig zu sein, als schwierig zu gestalten.
Die Leute im Hochhaus reden kaum miteinander, aber ich hab mich dran gewöhnt.
Das Hochhaus als Außenseiter
Das Hochhaus gilt als anonymer Teil des Dorfes, trotzdem gibt es auch Studenten, die dort gerne leben. „Ich bin froh nicht im Bungalow zu wohnen“, erklärt Miriam. Schon bevor sie ins Hochhaus gezogen ist, hatte sie einen Bungalow zur Untermiete. Der Bungalow war ihr zu klein. Zwar ist die Wohnfläche der Bungalows fast genauso groß wie die der Zimmer, jedoch schluckt die Treppe Wohnraum.
„Ich habe das Gefühl, dass man im Dorf schlecht Anschluss findet“, erzählt die Bioinformatikstudentin. Aus dem Hochhaus sind nur wenige ins Dorfleben integriert. Nur diejenigen, die auch im Verein tätig sind, sind in das Dorfleben eingebunden. Ohne Engagement im Verein habe man es ziemlich schwer sich in das Dorfleben zu integrieren.
Luxus im Bungalow
Theresa Piras wohnte in einem Zimmer im Hochhaus und wollte unbedingt in einen Bungalow ziehen. „Du lernst im Hochhaus keinen kennen. Es ist absolut anonym“, sagt die 21-Jährige. Auch Theresa ist der Meinung, dass es ohne Engagement im Verein für die Hochhausbewohner schwierig ist, sich in das Dorfleben zu integrieren.
Sechs Monate hat sie im Hochhaus gewohnt, seit knapp einem Jahr wohnt sie nun im in ihrem eigenen kleinen Häuschen. „Der Bungalow ist wie, wenn du ein eigenes Haus hast.“ Aus ihrem Bungalow hat Theresa ein kleines Luxus-Apartment gemacht. In Eigenarbeit hat sie sich einen neuen Boden reingelegt, die Wände tapeziert und gestrichen und auch eine neue Lampe eingebaut.
Du willst auch im Oly-Dorf wohnen? Beim Studentenwerk München findest du alle Infos.
Manchmal jedoch, wenn sie einen Moment für sich allein durch die Straßen gehen möchte, ist Theresa genervt. „Es heißt nicht umsonst Oly-Dorf!“ Es sei nicht mal möglich, durch die Gassen zu gehen, ohne von jemandem angequatscht zu werden. An diesem Dienstagabend jedoch, hätte Theresa gute Chancen. Das Dorf ist wie ausgestorben. Erst am Mittwoch tummeln sich wieder die Studenten auf dem Dorfplatz, um gemeinsam Glühwein zu trinken.
So leben Madelein und Birgit im Bungalow-Dorf
Birgit Zimmermann, 21, Sportwissenschaftsstudentin
„Das Besondere am Olydorf ist, dass man seinen Bungalow selbst gestalten kann und immer irgendwas los ist. Wenn man will, kann man sich sein komplettes Leben mit Arbeit und Sport und Freunden allein im Dorf aufbauen“
Ihren Bungalow hat Birgit selbst bemalt. Zwei Sommer hat das Malen gedauert, das Lernen sei während dessen ein wenig zu kurz gekommen, aber es hat sich rentiert erklärt sie.
Madeleine Kimmig, 19, Jurastudentin
„Jeder Bungalow ist von außen wie von innen super individuell – man hat quasi sein eigenes Mini-Reihenhäuschen“, erklärt Madeleine. Sie ist erst im Oktober ins Dorf gezogen, hat aber gleich Anschluss gefunden. „Hier grüßt jeder jeden und man bekommt schnelle Nachbarschaftshilfe bei Bedarf.“
Auch die studentische Selbstverwaltung schätzt sie sehr. Regelmäßig werden Veranstaltungen und Events organisiert, um die Gemeinschaft zu stärken.
Darum leben die Stundenten gerne im Oly-Dorf
Fotos: Jennifer Brechtelsbauer/ Fotoclub Olydorf/ privat