Songwriting: 7 Münchner Musiker verraten die Bedeutung ihrer Songs

„Stars“ – ein Song für einen guten Freund, der den Weg aus der Sucht gefunden hat. SIeben Müchner Musiker verraten, welche Geschichten hinter ihren Songs stecken.

Von Sarah Arzberger

 

Titelbild: unsplash – Marius Masalar 

Stars ist ein Song über Matthew, ein Collegefreund des US-amerikanischen Musikers Jordan Prince, der seit vier Jahren in München lebt. Eines sei schon mal verraten: Hinter seinem Song steckt eine sehr emotionale Geschichte.

Die Bedeutung des Songs “Stars”

“Ich würde alles geben, um in dem Moment da gewesen zu sein, als Matthew das Video zum ersten Mal gesehen hat”, sagt Jordan Prince und blickt kurz gedankenverloren in die Ferne. Er spricht vom Musikvideo zu seinem Song “Stars”, den er seinem Collagefreund Matthew gewidmet hat. Das Lied sei eines seiner liebsten, auf seinem Album 12 Songs for 12 Friends, es ist eine Ode an seinen Freund Matthew und es vermittelt Freude – obwohl die Geschichte hinter dem Song dunkle Seiten hat.

Wilde Collagezeiten

Kennengelernt haben sich die beiden durch Freunde am College in New Orleans. Während Matthew sich auf die Schauspielerei konzentrierte, hat Jordan, der in Mississippi geboren wurde, sich auf Film spezialisiert. Sie verbrachten immer mehr Zeit miteinander und merkten schnell, dass sie eine starke und besondere Verbindung haben. Matthew habe eine wilde Seite an Jordan hervorgebracht, was er ihm auch einmal gesagt hat. Die Antwort seines Freundes:. “Nein, diese Seite ist schon immer in Dir. Mit mir scheinst Du dich wohl genug zu fühlen, diese zu zeigen.”

Jordan beschreibt die gemeinsame Zeit in New Orleans als befreiend, wild und spaßig. Ganz nach dem Motto: egal, was auch kommen mag, lass uns einfach Spaß haben und andere über uns denken, was sie wollen. Dabei sei Matthew aber kein unhöflicher oder grober Mensch gewesen. Er sei immer respektvoll und einfühlsam. “Wir waren wie zwei Hunde, die ins Freie kommen, rumspringen und überall herumschnüffeln.” Jordan stellt sich seinen Freund oft auch wie ein wildes Tier vor. Wie ein Wolf zum Beispiel. Denn er habe wilde, verwuschelte, lockige Haare und einen dichten Bart, Tattoos auf dem Rücken und einen sandigen, rauhen Dialekt, der für New Orleans steht.

Foto: Verena Voetter

Drogen- und Alkoholmissbrauch

Der Musiker gibt zu, dass ihre wilde Zeit im College auch dunkle Seiten hatte und sie sich gegenseitig nicht immer gut getan haben. Sie nahmen Opiode, Acid oder Pilze und tranken zu viel Alkohol. Schämen will sich Jordan dafür aber nicht. Das College sei eine Phase im Leben, in der er sich austesten konnte und Erfahrungen sammeln. Man solle sich deswegen nicht selber verurteilen, solange man aus einer solch wilden Lebensphase wieder gut rauskommt. Er macht auch Matthew keinerlei Vorwurfe, schließlich sei dies ihre gemeinsame Zeit gewesen.

Aber für kurze Zeit habe er sich Sorgen gemacht, ob Matthew es schafft, aus ihrem Sumpf wieder herauszukommen. Vor allem dann, als er es selber geschafft hatte, wieder gesünder zu leben. Er habe nach seinem Freund geschaut und Matthew sei auch immer ehrlich zu ihm gewesen, sodass Jordan wusste, wie es um ihn steht.

Weg raus aus der Sucht

In den letzten fünf Jahren habe Matthew, auch dank seiner jetzigen Frau und seines dreijährigen Sohnes Noah den Weg in ein gesundes Leben gefunden. “Der Song ist also eine Ode an Matthew. Er ist mein Versprechen, dass ich immer für ihn da bin und das er mir immer wichtig sein wird, bis ich sterbe”, sagt Jordan. Und deshalb auch der Titel “Stars”.

In den Lyrics heißt es an einer Stelle: “Burning eyes keep pushing sleep away”. Das sei Referenz zu den alten Zeiten. Diese haben sich jetzt geändert und Matthew ist ein starker Mann, der an einem Punkt angekommen ist, an dem er alles erreichen könne. Die nächste Zeile lautet dann: “Burning stars keep all the darkness away.” Hier sei der Stern wörtlich gemeint, wie er die Dunkelheit vertreibt. Außerdem ist Matthew Schauspieler und Jordan meint, dass er ein Star werden könnte. Der Stern sei einfach das perfekte Symbol, wenn er an Matthew denkt. “Er ist wie ein großes, leuchtendes, unendlich brennendes Feuer, dass alle Dunkelheit vertreibt.”

Die Reaktion von Matthew auf den Song und das Musikvideo hat Jordan zu seinem Bedauern nicht miterleben können. Das Video wurde in Deutschland veröffentlicht und er konnte zu dieser Zeit leider nicht in den USA sein. Aber Jordan ist sich sicher, dass Matthew es toll fand und ist sich sicher, dass er sich geliebt gefühlt hat, auch wenn er weit weg lebt. 2015 ist Jordan Prince für die Liebe von den Vereinigten Staaten nach München gezogen. Ein Schritt, den er nicht bereut.

Die erste Live-Performance

Das erste Mal live gespielt hat Jordan Prince den Song im Mai 2018. Er sei sehr nervös gewesen, da es der erste Song auf dem Konzert war und er bis dahin immer nur als Trio mit seiner Gitarre aufgetreten. “Stars” lebt aber von vielen Instrumenten und explodiert gleich zu Beginn, wie der Musiker beschreibt. Er sei wie der unmittelbare Ausdruck blinder Freundschaft, Vertrauen und Freude. Diese Gefühle sollten beim ersten Auftritt auf das Publikum überschwappen und es mitreißen, weshalb sechs Musiker auf der Bühne standen. Ein ungewohntes Gefühl für Jordan Prince. “Bei der Hälfte des Liedes habe ich dann gemerkt, dass alles gut läuft und konnte mich entspannen.”

In den nächsten Monaten arbeitet Jordan Prince wieder an einem neuen Album, mit dem Ziel, nächstes Jahr eine kleine Tour zu machen und auf ein paar Festivals zu spielen. Auf eine bestimmte Musikrichtung legt er sich nicht fest. “Mein Style ändert sich alle paar Jahre”, sagt Jordan. Derzeit würde er ihn als eine Mischung aus Country, südlicher Folklore, modernem Storytelling und ein bisschen Rock´n´Roll bezeichnen. Seine musikalische Inspiration seien unter anderem Paul Simon, Sufjan Steven oder Courtney Barnett.

Der Song Stars ist eine Liebeserklärung an einen sehr guten Freund, der den Ausweg aus einer schwierigen Lebensphase geschafft hat. Diese Musiker aus München und Umgebung verraten ebenfalls ihre Geschichten, die teils tragische, aber auch erfolgreiche Momente in ihrem Leben spiegeln.

6 weitere Geschichten von Münchner Musikern

Henny Herz

„Zu dem Song Wrapped in Darkest Waves hat mich eine persönliche Grenzerfahrung inspiriert, bei der ich ertrunken wäre, wenn mich nicht ein Rettungsschimmer geborgen hätte.

Der Song war ein Geschenk an den Menschen, der mein Leben gerettet hat.”

Foto: Diego Reindel

Geschenk für ihren Lebensretter

„Inspiriert zu dem Song Wrapped in Darkest Waves hat mich eine persönliche >>Grenzerfahrung<<, bei der ich ertrunken wäre, wenn mich nicht ein Rettungsschwimmer aus den Wellen geborgen hätte. Das war vor zwei Jahren auf meiner Reise in Australien. Ich war alleine am Strand und wollte mich nur ein bisschen erfrischen. Durch das Schaukeln der Wellen hüpfte ich entspannt im Wasser und beobachtete das Treiben der Leute und genoss einfach das kühle Wasser. Plötzlich kam ich aber nicht mehr auf dem Sandboden auf. Also begann ich zu schwimmen. Irgendwann hatte ich aber keine Kraft mehr in den Armen und habe Wasser geschluckt.

Das war dann der Moment, in dem ich Panik bekommen habe. Ich begann zu winken, zum Zeichen, dass ich Hilfe brauchte. Ich sah den Rettungsschwimmer mit Surfbrett ins Wasser rennen und versuchte mich nur über Wasser zu halten, bis er bei mir ankam und anwies, mich auf das Surfbrett zu legen. Wir nahmen eine Welle, die uns an den Strand brachte. Also der Song war erstmal ein Geschenk an den Menschen, der mein Leben gerettet hat.

Aber die Erfahrung hat natürlich extrem nachgewirkt und da das Thema die letzten Jahre tagtäglich stattfindet, ist Seenotrettung im Mittelmeer für mich nochmal viel wichtiger und dringlicher geworden.“

Der Traum vom Musikerleben

„Den Song Say the Name habe ich an einem Abend in meinem Zimmer angefangen, nachdem ich lange vor mich her geträumt habe, wie genau ich mir dieses Musikerleben vorstelle und was mein Traum ist. Also am liebsten einer der größten Musiker überhaupt zu sein und auf der ganzen Welt zu touren. Und dann dachte ich mir, da schreib ich jetzt einfach mal einen Song. Das Lied ist mega ironisch und mit einem Augenzwinkern, aber es geht grob darum, wie ich mit vorstelle, voll in der Musikbranche einzuschlagen und alles auf den Kopf zu stellen.

Der Song bedeutet mir mega viel, nicht nur weil es meine erste Single war und damit meine ganze Reise losging und er mein Leben verändert hat, sondern auch weil er auf so viele verschiedene Weisen bei den Leuten ankam und ich bis heute noch ständig Videos bekomme, wie Leute zum Song tanzen oder rappen. Das ist echt was besonderes für  mich, vor allem dass gleich so viele Dinge direkt mit der aller ersten Single passieren, ist wirklich der Hammer.”

Malik Harris

„Der Song Say the Name ist ironisch und mit einem Augenzwinkern, aber es geht grob darum, wie ich mir vorstelle, voll in der Musikbranche einzuschlagen.”

Foto: Christoph Werner

Kalapi

„Beim dem Song Alles oder Nichts geht es um diese eine große Liebe, für die man bereit ist, alles zu tun…

…bis man bemerkt, dass auf die Gefühle keine Resonanz mehr kommt.”

 

Foto: Foto El Portrait

Das Ende einer großen Liebe

„Grundsätzlich ist es schwer, sein geistiges >>Wirrwarr<< auf Papier zu bringen. Bei dem Song Alles oder Nichts geht es im Prinzip um diese EINE große Liebe, für die man bereit ist alles zu tun. Von der man nie gedacht hätte, dass es sie wirklich gibt, bis man an einem Punkt ankommt, an dem man merkt, dass auf die Gefühle keine Resonanz  mehr kommt. Zum einen auch, weil man diese Liebe selbst erstickt hat und die Zeichen nicht wahrgenommen hat, die zum Ende dieser Liebe führen. Weil man wegen diesem überwältigten Gefühl nicht mehr darauf geachtet hat, was wichtig ist, um eine gegenseitige Beziehung aufrecht zu erhalten und man am Schluss feststellen muss, dass man alles gegeben hat und am Ende nichts mehr bleibt.”

Melancholie und Erschöpfung

“Den Song Dawn habe ich zusammen mit meiner Partnerin Rachel geschrieben. Nach drei Jahren, in denen wir nur gereist sind und performt haben, waren wir sehr ausgelaugt und dieser Song war  einer der ersten, den wir nach einer Phase, in der wir eine kreative Blockade hatten, schreiben und aufnehmen konnten. Die Lyrics sind eher dazu da, um ein Gefühl zu zeichnen, als eine Geschichte zu erzählen. Sie behandeln Melancholie und Erschöpfung die zu einem Gefühl von frischem Wind und neuer Kreativität werden. Zu dem Song gehören noch zwei Instrumentalstücke, Murphy und Bonnie´s Trail, die gemeinsam  veröffentlich wurden.”

Tim McMillan

„Die Lyrics in dem Song Dawn sind eher dazu da, um ein Gefühl zu zeichnen, als eine Geschichte zu erzählen. Sie behandeln Melancholie und Erschöpfung, die zu einem Gefühl von frischem Wind und neuer Kreativität werden.”

 

Foto: Kellie Fernando

WHALE CITY

„Die Liebe ist erschloschen. Das Herz ringt jedoch mit sich, einen Schlussstrich zu ziehen…

 

..darum geht es in dem Song Daylight.”

 

Foto: WHALE CITY

Unausweichliches Ende einer Beziehung

Die Liebe ist erloschen. Der Kopf hat bereits akzeptiert, dass es vorbei ist. Das Herz ringt jedoch noch mit sich, einen Schlusstrich zu ziehen. In dem Song Daylight geht es um das unausweichliche Ende einer Beziehung. Die Ballade ist leidenschaftlich und verletzlich. Gleichzeitig aber auch energetisch und mitreißend. So beschreibt die Münchner Pop-Rock-Band WhaleCity ihren Song.

“Ein Ende zu erkennen, ist das eine. Dann aber auch wirklich zu Ende zu setzen, das andere. Der Ausstieg aus einer gewohnten Zweisamkeit ist ein innerer Kampf, besonders wenn die andere Person einem noch am Herzen liegt und es immer weider Lichtblicke in der Dunkelheit gibt, die jedoch nicht ausreichen, um die Liebe neu zu entflammen”, fasst Leadsänger Andy die Aussage des Songs zusammen.

Eine fiktive Geschichte?

“Es gibt keine wirkliche Geschichte hinter dem Song Der Letzte. Alles ist zunächst mal fiktiv. Doch jede fiktive Erzählung ist ja irgendwo auch im Ursprung des persönlichen Unterbewusstseins entstanden. Also ist es vielleicht doch eine Geschichte?! Es passiert beim Songwriting beziehungsweise beimTexten immer etwas sehr spannendes. Erst wenn die Zeilen irgendwann mal fertig sind – und fertig sind sie dann wenn sie halbwegs Sinn ergeben und sich gut zur Musik anhören- dann kann man darüber reflektieren. Und dann stellt man fest: Ok krass, was hab ich mir dabei eigentlich gedacht? Es ist also irgendwie etwas, was man über sich lernt, indem man sich selbst austrickst. Und so macht das ganze auch Spaß.

Dieser Song bedeutet sich ein wenig besser kennenzulernen und gleichzeitig Freude zu entwickeln. Im Idealfall sind beide Facetten auch für den Zuhörer möglich.”

Die Sauna

„Der Song Der Letzte hat keine wirkliche Geschichte. Alles ist zunächst mal fiktiv. Doch jede fiktive Erzählung ist ja irgendwo auch im persönlichen Unterbewusstsein entstanden.

Vielleicht ist es dann doch eine Geschichte?”

 

Foto: Su Steinmassel

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