Vor allem junge Frauen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren sind vermehrt verunsichert, wenn sie nachts alleine unterwegs sind. Die Rosenheimer Polizei erklärt die Lage.
Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen im Bereich Oberbayern Süd im Jahr 2015
Angezeigte Fällen der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung in Stadt und Landkreis Rosenheim im Jahr 2015
- Aufklärungsquote von Sexualdelikten 2015 80,2%
Sexuelle Belästigung oder Nötigung, Fake-News und üble Gerüchte via Facebook – in der Region kursieren immer wieder Nachrichten solcher Vorfälle. „Die Angst ist aber völlig unbegründet“, erklärt Andreas Guske vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd und beruft sich auf die Zahlen der Kriminalitätsstatistik 2015. „Die ‚überfallartige Vergewaltigung‘ im öffentlichen Raum kommt sehr, sehr selten vor“, so Guske. Die Dunkelziffer schätzt die Polizei gering ein, die Anzeigebereitschaft der Frauen sei hoch.
Ein gravierender Fall in Rosenheim
Und dennoch: „Ein leider herausragendes Beispiel für einen dieser seltenen Fälle in der Region ist die Vergewaltigung in Rosenheim vom 26. November 2015“ muss der Polizeisprecher eingestehen. Damals wurde eine 29-Jährige von einem Unbekannten am Inndamm von hinten angegriffen, mehrere Meter weit in ein abgelegenes Gebüsch gezerrt und dort vergewaltigt. „In dem Fall ermittelt noch immer unsere ‚Soko Inndamm‘“, erklärt Guske.
Auch wenn der Täter noch immer frei herumläuft, ein kleiner Erfolg konnte bereits mittels einer sichergestellten DNA-Spur verbucht werden: Bei dem Täter der Inndammvergewaltigung und bei dem Mann, der im Dezember 2016 im Englischen Garten in München eine Joggerin überfallen und brutal vergewaltigt hat, handelt es sich um ein und dieselbe Person. „Die zuständigen Ermittler der Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim sowie der Mordkommission München arbeiten weiterhin eng an beiden Fällen zusammen.“
Guske weiter: „Die weitaus meisten sexuellen Nötigungen und Vergewaltigungen werden im sozialen Umfeld und innerhalb privater Räume begangen.“ Hier liege eine hohe Dunkelziffer vor.
Video-Interview: Die Situation in Rosenheim
Viele sexuelle Übergriffe bleiben im Dunkelfeld und werden nicht bekannt, da sie weder angezeigt noch aufgedeckt werden. Dennoch melden sich einige Frauen bei dem Frauen- und Mädchennotruf Rosenheim. Viele Betroffene erleben die Gewalt in den eigenen vier Wänden. Gegenüber 2015 ist die Anzahl der Beratungen von Opfern sexueller Gewalt sogar leicht angestiegen. Betroffene Frauen und Mädchen werden von dem Verein umfassend betreut, damit sie aus dem Teufelskreis von Angst und Hilflosigkeit herauskommen.
Tipps gegen die Angst auf dem Nachhauseweg:
- Mit dem Taxi nach Hause fahren
- Sich von Familienmitgliedern oder Bekannten abholen lassen
- Freunden Bescheid geben ggf. mit ihnen telefonieren
- Selbstverteidigungskurs
- Angebote wie das Heimwegtelefon nutzen
- Sätze zur Selbstbehauptung: Lassen Sie das! Hören Sie sofort auf! Lassen Sie mich in Ruhe!
Umfrage: Hast du Angst, nachts alleine unterwegs zu sein?
„Ich fühle mich unwohl, nachts oder auch früh morgens alleine auf der Straße unterwegs zu sein. Man liest und hört schließlich immer öfter von (versuchten) Vergewaltigungen, auch in der Region.“
„Mir ist schon mulmig zumute. Ich vermeide es, nachts durch die Straßen zu laufen, gebe generell Freunden Bescheid. Meist fahre ich selbst mit dem Auto, das gibt mir ein Gefühl der Sicherheit.“
„Natürlich – heutzutage kann man als Mädchen nirgendwo mehr wirklich sicher sein. Ich gehe nur noch mit meinem Pfefferspray außer Haus – nur so fühle ich mich einigermaßen sicher.“
„Solange der Weg nicht komplett abgelegen ist habe ich höchstens ein komisches Gefühl. Da meine Heimwege nachts zum Glück nicht länger als zehn Minuten sind, mache ich mir nicht viele Gedanken, was da alles passieren könnte.“
„Ist mein Heimweg nur wenig beleuchtet ist das schon komisch – man hört ja genug Nachrichten über sexuelle Übergriffe. Ich lasse grundsätzlich keine Freundin alleine in der Nacht losziehen – und sei es nur zur nächsten Bar oder zum Taxi.“
„Ich fühle mich grundsätzlich in der Stadt sicher, auch wenn ich um zwei Uhr in der Nacht aus der Arbeit komme und zum Auto laufen muss. Bin ich länger unterwegs, habe ich trotzdem meinen Freund dabei – man weiß ja nie.“
„Ich habe besonders Angst, wenn es nach der Arbeit draußen stockdunkel ist. Ohne Begleitung wollen meine Kolleginnen und ich nicht mehr in Tiefgaragen, dunkle Gassen oder zu abgelegenen Parkplätzen.“
„Früher habe ich mir nie nachts alleine in Bus, Bahn oder zu Fuß Gedanken gemacht. Heute achte ich darauf, dass wir alle gemeinsam das Lokal verlassen und jeder sicher zuhause ankommt.“
„Ich habe kein Problem damit, nachts alleine unterwegs zu sein. Sicher gibt es Menschen mit bösen Absichten – früher wie heute. Für mich aber kein Grund, mich daheim einzusperren!“
„Es kommt drauf an. In der Stadt ist es nachts nicht schlimm. Aber an Orten, an denen keine Menschen oder Geschäfte in der Nähe sind, hätte ich schon ein mulmiges Gefühl.“
„Nein, ich habe keine Angst. Ich bin jedoch auch generell kein ängstlicher Mensch. Ich fühle mich in Rosenheim relativ sicher als Frau.“
„Wenn noch andere unterwegs sind, habe ich keine Angst. Höre ich aber in einer einsamen Straße Schritte hinter mir und sehe einen Mann, werde ich unsicher und gehe schneller.“
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