Während Superman, Spiderman & Co. allerhand Schurken bekämpfen, versinkt die Welt im Plastikmüll. Forscher arbeiten unterdessen an organischen Lösungen, die Superheldenstatus im Kampf gegen die Übermüllung erlangen könnten.

Die Welt erstickt im Plastikmüll. Nicht nur die Menschen, sondern auch die Tierwelt sowie die gesamte Natur leidet an der Verschmutzung, die vor allen Dingen in den Ozeanen verheerende Ausmaße angenommen hat. Die Statistiken sind erschreckend: Seit der Entdeckung des Plastik in den frühen 1950er Jahren, hat die Menschheit rund 8,3 Milliarden Tonnen des bis heute weit verbreitetsten Kunststoffmaterials produziert. Die Recyclingquoten stagnieren, der Plastikverbrauch nimmt weiterhin zu. Es scheint ein schier auswegloser Kampf gegen die weitere Übermüllung des Erdballs zu sein.
Kommt die Lösung gerade aus der Natur?
Eine Vielzahl an Forschungsgruppen sagen dem Plastikmüll den Kampf an – und legen den Fokus ihrer Arbeit insbesondere auf organische Problembewältigung. Japanische Wissenschaftler haben beispielsweise „Ideonella sakaiensis 201-F6“ entdeckt, was aber keinesfalls der Name eines neuen Formel 1-Rennwagens ist.
„Dieses Bakterium ist außergewöhnlich, weil es zwei Enzyme produziert, die PET abbauen können und es die Abbauprodukte auch verstoffwechseln kann“, kommentiert Uwe Bornscheuer von der Universität Greifswald die Entdeckung aus Fernost. PET zählt zu den meistverbrauchten Kunststoffen weltweit.
Japan goes Bakterium
Akademiker um Shosuke Yoshida vom Kyoto Institute of Technology entnahmen an einer Recycling-Anlage 250 Proben von Sedimenten, Böden, Abwasser oder Aktivschlamm. Ebenjenes Bakterium war nicht nur in Flüssigkeit, sondern auch direkt am Kunststoff zu finden. Nach 60 Wochen bei 30 Grad Celsius hatten die Bakterien einen Plastikfilm vollständig zersetzt.
Da die PET-Abbaurate sehr gering ist, bestehen jedoch Zweifel aufseiten Bornscheuers. Der gleichen Meinung ist auch Till Opatz von der Universität Mainz, der diese Art von Prävention als „Nischenlösung“ bezeichnet. Der Wissenschaftler zweifelt unter anderem eine Publikation der Biologin Federica Bertocchini an, die im Fachmagazin „Current Biology“ eine Raupenart vorstellte, die Plastik frisst.
Eine Raupe, die Plastik frisst – Schmetterlings-Lüge?
Opatz bezeichnet die Methoden der Raupen-Studie als „löchrig“. Es wäre außerdem hanebüchen zu glauben, dass das weltweite Plastikmüll-Problem so beseitigt werden könne. Den Mainzer Forschern war am Ende ihrer Arbeit klar, dass nicht etwa Kunststoff-Abbauprodukte, sondern Raupenüberreste detektiert wurden. Diese Überreste würden auch die meisten anderen Messergebnisse zwanglos erklären. Die Raupen haben somit das vorhandene PET nicht zersetzt, sondern lediglich in Stücke zerkleinert.
Entdeckung der Plastik-Raupe
Die Hobby-Imkerin Federica Bertocchini hat während der Säuberung eines ihrer Bienenstöcke die Raupe der Großen Wachsmotte entdeckt und warf im Anschluss mehrere von ihnen in eine Plastiktüte, die einige Zeit später voller Löcher war.
Raupe der Großen Wachsmotte
Die Raupen der Großen Wachsmotte ernähren sich in ihrem frühen Stadium von Bodenmull. Im späteren Verlauf leben sie in Gruppen in einem Gespinst, fressen an Bienenwaben und nehmen hauptsächlich Pollenreste und Bienenwachs zu sich.
Burkhard König vom Institut für Organische Chemie an der Universität Regensburg würde auf organische Lösungen nahezu verzichten: „Vorausschauende Problemvermeidung ist besser als nachträglich zu versuchen, mit riskanten Eingriffen in Ökosysteme die verursachten Schäden zu begrenzen.“ Der Konsens der Wissenschaftler: Jedermann muss sich selbst dafür verantwortlich zeigen, dass so wenig Schadstoffe in die Umwelt gelangen wie möglich – natürliche Plastikfresser hin oder her.
Alltags-Tipps zur Müllvermeidung aus der Wissenschaft
„Am besten keine Plastiktüten verwenden. Umverpackungen für Lebensmittel aus Kunststoff (z. B. nur um Obst einzupacken) sollten unbedingt vermieden werden. Keinen „to go“ Kaffee mit Plastikdeckel verwenden usw.“
„Wir müssen vor allem vermeiden, dass der ganze Müll in der Umwelt landet. Es ist eine Milchmädchenrechnung, wenn man denkt, dass der weltweite Plastikmüll alleine durch aktuell bekannte Methoden verringert wird.“
„Es ist ganz einfach: Plastikgegenstände entweder wiederverwenden (Tüten, Becher) oder einer geregelten Entsorgung bzw. dem Recycling zuführen.“