Der OHA Osthang, an der Künstlerkolonie Mathildenhöhe, ist eine feste Größe in Darmstadts Kulturszene. Seit vier Jahren zeigen Studierende, was mit viel Motivation möglich ist. Doch ihre Zeit auf dem Gelände ist begrenzt.
Kleine Kinder, die Räuber und Gendarm spielen, während ihre Eltern entspannt zusammensitzen. Staunende Touristen. Studierende, die mit viel Engagement und ihren Veranstaltungen ein breites Publikum anziehen.
Der Architektursommer bringt neues Leben
Doch es war ein langer Weg: Nachdem die früheren Bauten 1944 bei Luftangriffen zerstört worden waren, lag das Gelände 70 Jahre lang brach. Zwar wurde hitzig über eine Neubebauung diskutiert, doch tatsächlich verwilderten die 7000 Quadratmeter – etwa die Größe eines Fußballfeldes. Dabei verbindet das Osthang-Areal die Künstlerkolonie Mathildenhöhe und den Park Rosenhöhe, zwei der Sehenswürdigkeiten in Darmstadt.
Das Osthang Project, initiiert vom Darmstädter Architektursommer e.V. und dem Internationalen Musikinstitut Darmstadt, brachte 2014 endlich wieder Leben auf das Gelände. Den Start bildete eine Summer School von drei Wochen. Studierende errichteten gemeinsam mit Architekten und Künstlern aus fünf Ländern eine Künstlerkolonie.
Wochen
Gebäude
internationale Expertenteams
ausgewählte Studierende
Bauen am Osthang
Auch die Jahre danach findet sich eine Gruppe junger Menschen, die das Projekt unter dem Namen „OHA Osthang“ weiterführt und das Gelände zu neuem Leben erweckt. „Wir wollen Kultur für jeden zugänglich machen“, sagt Julia Wagner, Kommunikationsverantwortliche am OHA Osthang. Regelmäßig finden Konzerte, Ausstellungen und Vorträge statt. Der „kleine Freitag“, an dem die OHA-Bar Getränke ausschenkt und jeder Grillgut mitbringen darf, findet wöchentlich statt.
Das Kernteam des Projekts plant jede Woche neue Veranstaltungen und Bauten. „Wir streben an, den Hang kontinuierlich zu verändern. Auch dieses Jahr arbeiten wir an den Bauten und es kommen neue hinzu“, sagt Julia. Finanziert wird alles durch Spenden der Besucher.
Veranstaltungen für Jung und Alt
Mit dem Programm zieht das Team ein buntes Publikum an. „Hier ist von Jung bis Alt, vom Altenpfleger bis zur Professorin alles vertreten“, erzählt Julia. Den Sommer am Osthang mag sie besonders: „Alles explodiert in Grün und auf einmal kommen die Leute wieder, um die Sonne zu genießen. Die Touristen laufen teils erstaunt, teils verwirrt über das Gelände“. Offene Münder sieht sie oft: „Die Leute reagieren mit ,Oha!‘ oder ,Wow!‘ – daher auch der Name ,OHA Osthang‘. Viele Touristen bedauern, dass es so etwas nicht in ihrer Stadt gibt.“
„Der Sommer bedeutet einfach Leben am Osthang.“
Julia, OHA Osthang-Team
Welterbe werden
Doch die Zeit des OHA Osthang ist begrenzt. Grund: die Bewerbung der Stadt um den Titel des Welterbes. Das Gelände soll einem Besucherzentrum weichen. Dieses soll Touristen informieren, aber auch Seminar- und Veranstaltungsräume sowie Gastronomie umfassen. Die Stadt plant für das kommende Jahr einen Realisierungswettbewerb und der Bau soll bis 2021 fertiggestellt sein. Die finale Entscheidung, ob die „Künstlerkolonie Mathildenhöhe“ den Welterbe-Status erhält, wird für 2020 erwartet.

Was ist das Welterbe?
Seit 1972 ernennt die UNESCO Kultur- und Naturstätten, die einen „außergewöhnlichen universellen Wert“ haben, zum Welterbe. Das Welterbekomitee vergibt den Titel nur, wenn die Stätten die Kriterien der Konvention erfüllen und ein überzeugender Managementplan vorliegt. Zuvor muss eine Stätte jedoch in die Tentativliste (Vorschlagsliste) des jeweiligen Landes aufgenommen werden.
Ein Projekt auf Zeit
„Natürlich ist es schade, allerdings sind wir ja ein temporäres, experimentelles Projekt“, sagt Julia. „Und ich denke, noch ein paar Jahre und es würde vielleicht genau diesen Charakter, der ja den Ort ausmacht, verlieren.“
Was der OHA Osthang für die Darmstädter bedeutet, berichten einige von ihnen hier:
Was bedeutet der Welterbe-Titel für Darmstadt?
Die Mathildenhöhe wird durch die UNESCO finanziell nicht gefördert, allerdings ist mit Fördermitteln von Bund und Land zu rechnen. Gleichzeitig verpflichtet sich die Stadt Darmstadt als Antragsteller, die Künstlerkolonie Mathildenhöhe dauerhaft zu schützen und zu erhalten. Fraglich bleibt, ob das bisher nicht in ausreichendem Maße gewährleistet war.
Die Auszeichnung würde vermehrt inländische und ausländische Besucher anziehen, was gut für die Wirtschaft wäre. Die Grube Messel, die bereits seit 1995 den Titel trägt, geht von zwei Dritteln mehr Besuchern durch die Auszeichnung aus. Aber längst nicht alle in der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien stehen hinter der Bewerbung. Zu hoch seien die Kosten, die durch die Bewerbung und die Instandhaltung der Künstlerkolonie auf die Stadt zukommen im Vergleich zum Nutzen.

Welterbestätten weltweit
Welterbestätten in Deutschland
gefährdete Welterbestätten weltweit
Welterbe hin oder her: Angesichts der abgebildeten Meinungen von Darmstädtern ist eine Weiterführung des OHA Osthangs erstrebenswert. Wenn nicht am Osthang, dann an einem anderen, ungenutzten Ort. Auch wenn allen klar ist, dass diese Orte selten geworden sind.
Titelbild, Bilder erste Galerie, Bild unbebautes Gelände, Bild Welterbe-Plakat: © 2014 Kristof Lemp
Bilder zweite Galerie: © Marcel Rauschkolb, © Bauen statt Bomben
Bild Weltkugel: © Marcel Rauschkolb
Bild Band Triorität: © picture alliance / Jan Haas