Erfolgreich und allein

Kind, Karriere, Krankenhaus: Bei einem Gespräch erzählen Medizinstudenten im Abschlussjahr über ihre Angst, Familie und Beruf nicht gleichzeitig meistern zu können.

Auf dem Tisch stehen zwei Flaschen Sekt und ein paar Packungen Chips, auf dem Balkon ein Kasten Bier und im Kühlschrank liegt noch etwas Wein. Alles bereit für die Medizinstudenten. Sie werden über ihre Angst, Familie und Beruf nicht vereinbaren zu können, diskutieren. Ob der große Andrang am Thema oder am Bier liegt?. „Ein bisschen von beidem“, witzelt ein Student später. Die Anwesenden sind im Abschlussjahr und stehen kurz vor dem Anfang ihres Berufslebens. Nun macht sich bei ihnen die Sorge breit, ob Familie und Karriere überhaupt vereinbar sind.

Etwas später sitzen alle um einen Tisch. Gleich zu Beginn der Diskussion fällt ein richtungsweisender Satz: „Eigentlich hat der Chef einen in der Hand“. Alle nicken. Wer Elternzeit nimmt, kostet den Chef mehr Geld, Aufwand und man sammelt langsamer die Erfahrung, die nötig ist, um voranzukommen. Anne* erzählt von Gerüchten unter schon praktizierenden Ärzten, dass die Chefs sich beim Einstellungsgespräch sehr wohl nach Familienplanung erkundigen, obwohl es eigentlich verboten ist. Die Frage „Kind oder Karriere?“ spiele halt immer noch eine wichtige Rolle. Die Chefs seien größtenteils von einer anderen Generation, wo man sich noch entscheiden musste. Alle sind sich einig: Es dürfte zwar nicht so sein, doch wer Karriere machen will, sollte im Moment noch auf Familiengründung verzichten. „Du musst Prioritäten setzen“, findet Sven.

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der Chefärzte sind Frauen

Die Studenten haben das Gefühl, dass sie nun, da ihr Studium sich dem Ende zuneigt, eine Entscheidung treffen müssen. Beides geht also nicht? Es hänge von der Definition von Karriere ab, meint Tom: „Will man Chefarzt werden, dann wird es schwierig, gleichzeitig eine Familie zu haben“. Da gehe es um Prioritäten. Anne fragt an ihre männlichen Kommilitonen gerichtet, was für sie Priorität habe. Zwei der drei anwesenden Männer erklären, sie hätten kein Problem damit, ein paar Stunden weniger zu arbeiten und die Karriereleiter weniger schnell zu erklettern, wenn sie dafür mehr für ihre Familie da sein können.

Der Arztberuf sei im Moment weder familienfreundlich, noch beziehungsfördernd, so Lisa. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass man eigentlich single sein muss“. Sie fordert neue Arbeitszeitmodelle, um flexibler zu sein. Sabine funkt dazwischen. Sie sieht es etwas anders: „Du hast in der Medizin viele Leute, die sehr zielorientiert sind“. Man braucht einen Einser-Schnitt, um überhaupt Medizin studieren zu können. Viele der Studierenden seien gewohnt, immer unter den Besten zu sein. „In den anderen Studienrichtungen sind die nicht so karrieregeil“.

Woran liegt es denn nun? An den Ärzten oder den Chefs? Es sei kompliziert, erklärt Sven. Es habe halt in letzter Zeit eine Entwicklung gegeben. Vor zwanzig Jahren habe noch jeder Chirurg werden wollen, heute würden viele Studenten diese Richtung scheuen, weil dort immer noch das hierarchische Denken herrsche. „Wenn die aber auf einmal keine Chirurgen mehr haben, dann müssen sie umdenken, um wieder Leute anzuziehen“. Deswegen sei er der Meinung, dass die Wende mit der nächsten Ärztegeneration kommen könnte.

Ein anstehender Wandel also. Wie könnte man das ganze beschleunigen? „Man sollte es immer wieder kommunizieren“, so Eric. „Den Chefs muss klar sein, dass sie nur die guten Leute bekommen, wenn sie ihnen auch ein Privatleben ermöglichen“. Tessy weist ihn darauf hin, dass das nur funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen. „Und es wird halt immer wieder Leute geben, die da nicht mitmachen und sich den Erwartungen des Chefs beugen“. Dann würden die halt einfach eingestellt werden. „Viele Mediziner sind zu selbstlos und werfen sich unter“, findet Lisa. „Es wird dir von Anfang an eingetrichtert, dass du dich deinen Chefs nicht widersetzen sollst“, spricht ihr Tessy bei. „Wir sind alle Arschkriecher“, denkt Eric.

Alle lachen. „Tut mir Leid, aber es ist echt so“, sagt Sabine in ernstem Ton. Sie erzählt die Geschichte einer angesehenen Ärztin, die schwanger wurde. Sie ging zum Chef und habe für nach ihrer Elternzeit eine Stelle als Oberärztin gefordert, weil sie sonst nicht zurückkommen würde. „Jetzt ist sie Oberärztin“, schließt sie die Geschichte ab. Eric zieht das Fazit: „Das zeigt, wir brauchen uns eigentlich nicht zu verstecken, sondern sollten mehr Selbstbewusstsein haben“. Alle nicken. „Ich muss halt einfach die Eier haben, etwas einzufordern“.

*Namen wurden geändert

 

Berufstätige Ärztinnen und Ärzte

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