
Homeoffice: Mehr Zeit für die Familie
Von Julia Mutzbauer
Seit dem ersten Lockdown arbeiten immer mehr Menschen im Homeoffice. Wie vereinbaren sie Familie und Beruf? Die beiden Journalistinnen Alexandra Galler (52) und Frauke Bollmann (46) zeigen, dass das durchaus mit Kindern jeden Alters klappen kann.
Wie habt ihr den Umzug ins Homeoffice während des ersten Lockdowns erlebt?
Alexandra Galler: Relativ unproblematisch, weil ich auch vorher schon alle zwei Wochen einen Tag im Homeoffice gearbeitet habe. Jetzt bin ich halt ganz ins Homeoffice gezogen. Ich habe das genossen, weil man sich unglaublich viel Zeit spart. Man kann sich in der Früh sofort hinsetzen und anfangen zu recherchieren. Ich arbeite gerne zuhause.
Frauke Bollmann: Der erste Lockdown war härter, weil er so plötzlich kam und wir erst einmal ausknobeln mussten, wer in welche Ecke der Wohnung darf. Ich habe mir dann das Schlafzimmer ausgesucht, da wir hier schon eine kleine Arbeitsecke eingerichtet hatten. Mein Mann ist ins Wohnzimmer gezogen. Leon* (4 Jahre) hat die ganze Wohnung belegt und sich einzelne Spielecken aufgebaut.


„Es ist schön, dass wir Zeit miteinander verbringen“
Wie war das denn für dich, als der erste Lockdown kam, und Mama und Papa ins Homeoffice gezogen sind?
Cajetan Galler: Wir sind jetzt alle immer zusammen, und es ist schön, dass wir Zeit miteinander verbringen können. Es ist zwar viel, weil wir im Lockdown nur uns sehen, aber es ist trotzdem schön.
Wie klappt das bei dir mit dem Homeschooling?
Cajetan Galler: Es ist manchmal schwierig, weil man nicht immer einen Ansprechpartner hat. Aber es geht schon. Man kommt auch gut mit, wenn man aufpasst. Und die Videokonferenzen ermöglichen es ja auch, dass wir die Lehrer etwas fragen können.

Wie habt ihr den Alltag mit Homeoffice und Kindern organisiert?
Alexandra Galler: Im ersten Lockdown war es ja auch so, dass die Kinder weniger gefordert waren als jetzt. Aber weil wir genug Platz haben, war das auch kein so großes Problem. Die Kinder sind auch nicht mehr klein. Valentin ist 15 und Cajetan ist 12 Jahre. Klar musste sich die Routine erst ein bisschen einspielen. Normalerweise sind die Kinder ja am Vormittag nicht da und dann lässt es sich noch ein bisschen besser arbeiten, aber es ging schon.
Frauke Bollmann: Erst einmal mussten wir überlegen, was wir besonders gut im Homeoffice machen können. Wir haben Listen aufgestellt und darüber gesprochen, wer wann Ruhe braucht, und wer wann telefonieren muss. Wenn ich zum Beispiel in einem Webinar stecke, dann achtet mein Mann darauf, dass unser Sohn nicht reinkommt. Deshalb überlegen wir uns immer einen Tag vorher, welche Aufgaben jeweils für den nächsten Tag anstehen.
Wie gut hat das mit der Kinderbetreuung und Homeschooling funktioniert?
Galler: Wir haben das Glück, dass wir genügend Endgeräte zur Verfügung haben. Dazu gehören auch unsere Arbeits-Computer. Die Kinder können deshalb unsere Privatgeräte nutzen. Wie gut das Homeschooling funktioniert, hängt natürlich auch von den Schulen ab. Aber die haben seit dem ersten Lockdown einen großen Sprung gemacht. Die beiden Jungs, die auf‘s Gymnasium gehen, sind den ganzen Vormittag über mit Videokonferenzen oder Hausaufgaben beschäftigt. Das läuft doch sehr strukturiert, und die Schule lässt sie nicht allein. So ruft mindestens einmal in der Woche ein Lehrer an, und fragt die Kinder, ob sie mitkommen. Deshalb finde ich die vielen Vorwürfe ungerecht, die den Schulen in diesen Zeiten gemacht werden.
Bollmann: Im vergangenen Jahr war es ein bisschen anders, weil wir Leon in die Notbetreuung geben konnten. Das heißt er war vier Tage im Kindergarten. Jetzt ist Leon ein Jahr älter geworden und er kann sich schon mehr alleine beschäftigen. Auf der anderen Seite ist er aber auch so fordernd, dass er ganz klar formuliert: „Mama, das sehe ich gar nicht ein, dass du ständig in deinem Büro sitzt. Ich möchte jetzt mit dir sprechen!“
Ist die Vermischung von Beruflichem und Privatem ein Problem?
Galler: Nein, Durch Corona hat sich gar nicht so viel verändert. Denn wir machen beide den gleichen Job, wir sind beide Journalisten und beim gleichen Medium. Wir reden so oder so viel über die Arbeit. Deshalb muss man schon versuchen, in den Zeiträumen abzuschalten, die nichts mit Arbeit zu tun haben. Ich lege zum Beispiel meinen Arbeitsrechner auf die Seite und verwende dann meinen privaten Laptop, wenn ich nicht für die Zeitung unterwegs bin. Es ist wichtig diesen klaren Schnitt zu machen. Und wenn Valentin und Cajetan mit ihrer Schulzeit durch sind, setzen wir uns gemeinsam hin und frühstücken. Wir genießen das sehr! Das hat auch noch einmal eine größere Verbundenheit geschaffen als zuvor. Wir nutzen diese Momente übrigens auch, um gemeinsam den Tag zu planen. Denn wenn alle zuhause sind, müssen wir uns ständig absprechen, weil es Räume gibt, die wir gemeinsam nutzen.
Bollmann: Wir mussten uns schon überlegen, wie wir Berufliches und Privates trennen. Das haben wir aber gut hinbekommen, weil wir zum Beispiel klare Mittagspausen vereinbart haben, in denen auch das Büro Pause hatte. Genau das waren die besonders schönen Phasen, die wir als sehr bereichernd empfunden haben, weil wir viel häufiger miteinander am Esstisch gesessen haben. Die klare Trennung zwischen Arbeitszeiten und Betreuungszeiten hatte dann zwar zur Folge, dass wir jeweils bis 23 Uhr am Rechner gesessen sind. Aber damit sind wir klar gekommen.
Mal rein hypothetisch: Die Pandemie ist zu Ende. Würdet ihr trotzdem weiterhin im Homeoffice arbeiten wollen?
Galler: Ja, auf jeden Fall. Natürlich nicht durchgehend, weil der Austausch mit den Kollegen sonst fehlen würde. Trotzdem ist das Homeoffice unglaublich praktisch, und wir werden das sicherlich auch weiterhin nutzen. Möglicherweise wird die Arbeit im Homeoffice künftig auch stärker von unserem Betrieb gefördert werden als bisher, weil sich einfach gezeigt hat, dass es funktioniert. Man kann auch ein gemeinsames Produkt stemmen, wenn man sich nur per Video austauscht.
Bollmann: Ja. Ich würde gerne flexibles Homeoffice machen. Ich habe festgestellt, dass es Dinge gibt, die ich zuhause besser erledigen kann als im Büro. Ich würde aber auch ein paar Tage wieder ins Büro fahren. Das liegt auch daran, dass ich mich im Homeoffice weniger bewege. Ich fahre ja sonst täglich eine Stunde mit dem Fahrrad zur Arbeit. Das vermisse ich. Deshalb wäre für mich die Regelung „Zwei Tage Homeoffice und drei Tage Büro“ ideal.
*Name von der Redaktion geändert.

Alexandra Galler
Journalistin
Nach ihrem Studium in München absolvierte sie ein Volontariat bei der Süddeutschen Zeitung. Heute arbeitet die Mutter von zwei Kindern wie auch ihr Ehemann in der SZ-Redaktion.

Frauke Bollmann
Journalistin
Nach ersten Stationen bei WDR und Phoenix schaut die Volkswirtin heute auf mehr als 15 Jahre beim WNP Verlag zurück, wo sie zuletzt Chefredakteurin von drei technischen Fachmagazinen war. Heute arbeitet die Journalistin als Seminarleiterin und Dozentin in der Akademie der Bayerischen Presse.