Digitale Athleten: E-Sport auf dem Vormarsch

Experten in Anzügen analysieren die Teams. Kommentatoren mit Headsets bereiten sich auf den Spielstart vor. Weiße Lichtstrahlen zerschneiden die Dunkelheit der Halle, bevor sie erlöschen. Es wird still. Der Jubel der Fans verstummt. Die Atmosphäre ist elektrisch. Wie die Sekunden vor einer Olympia-Eröffnungsfeier, aber die Protagonisten werden nicht rennen oder springen. Sondern spielen. Sie sind E-Sportler.

Von der älteren Generation belächelt, von der jüngeren gefeiert: E-Sport hat zuletzt auf allen Ebenen ein gewaltiges Wachstum hingelegt. Nicht nur die Spielerzahl wuchs, auch die Fangemeinde. Die Investments und die Reichweite wurden größer. Darum geht es:

Ist das Sport oder kann das weg?

E-Sport ist die Kurzform von „electronic sports“. Damit sind Sportarten gemeint, die virtuell ausgetragen werden. Das geschieht für gewöhnlich am Computer oder an einer Spielekonsole, einer X-Box oder Playstation. Einen Schiedsrichter brauchen die Spiele meistens nicht, denn sie geben ihre Regeln selbst vor.
Beispiele für teambasierte E-Sport-Games sind League of Legends, Counter Strike, Overwatch und DOTA. Andere Spiele wie FIFA, Starcraft oder Hearthstone, werden für gewöhnlich im Einzelspielermodus ausgetragen. Ein Indikator für den Erfolgszug des E-Sports ist die ESL, die E-Sports-Liga. Das Kölner Unternehmen existiert seit dem Jahr 2000. Die ESL richtet Turniere und Stadionveranstaltungen aus, die tausende Zuschauer anziehen und mit gewaltigem Preisgeld aufwarten. Dabei beschränkt sich die ESL nicht auf Deutschland, sondern agiert international. Die Zeiten, in denen die Gamer sich in der Arcade drängten und um den ersten Platz bei Tetris oder Pacman zockten, sind vorbei. Aus Gamern sind Profis geworden.

Das Online-Paradoxon

Dabei brachte der E-Sport in vergleichsweise kurzer Zeit einen langen Weg hinter sich. Viele Gamer erinnern sich noch an die LAN-Partys der 2000er, an die Kommunikation per Kabel oder lokalem Netzwerk, an das Zocken auf engstem Raum. Spielerclans oder -Teams sind nicht mehr auf physische Nähe angewiesen. Auch Spiele, die auf Teamwork basieren, stehen plötzlich einer gewaltigen Bandbreite von Spielern offen. Der Erfolg des E-Sports lässt sich an stetig wachsenden Besucherzahlen und den immer höheren Siegprämien der verschiedenen Turniere messen. Die Intel® Extreme Masters Katowice 2017 zum Beispiel hatte 173.000 physische Besucher und 46 Millionen Online-Visits. Das waren 35 Prozent mehr als noch 2016. Sie galt als am meisten übertragene E-Sport-Veranstaltung in der Geschichte.

Der wichtigste Grund ist die Digitalisierung. Es gibt heute diverse Online-Spiele, bei denen man sich von überall aus zusammenschließen und verbinden kann.

Benedikt Bauer

Professioneller E-Sport-Spieler beim VfL Wolfsburg

Virtuelle Turniere werden heutzutage in Arenen veranstaltet, in denen man vor nicht einmal zehn Jahren lediglich Athleten vermutete. Internet-Plattformen wie Twitch und YouTube ziehen von Tag zu Tag Zuschauer an und stellen für viele Gamer eine soziale Plattform und wichtige Einnahmequelle dar.

Rush B

Beispiel Nummer eins: Counter-Strike. Der First-Person-Shooter füllte bereits 2015 die LANXESS-Arena, eine der größten Multifunktionsarenen. Im August 2015 fand dort die ESL One Cologne statt, die Counter-Strike-Weltmeisterschaft. Das Turnier versammelte an jedem der drei Austragungstage über 11.000 Zuschauer. Ein Höhepunkt war die Zuschauerzahl von 1,3 Millionen Menschen, die entweder live oder über Streamingportale wie Twitch oder YouTube zusahen. Die CS:GO Pro League schloss ihre siebte Saison mit mehr als 118 Millionen Online-Views ab.

Das klassische Counter-Strike war vom Anfang der 2000er bis 2012 der meistgespielte Online-Shooter, wurde aber von Team Fortress 2 abgelöst. Seit 2012 ist der Nachfolger Counter-Strike: Global Offensive auf dem Markt.

Preisgeld

Der Sieger der ESL One Cologne erhielt im Jahr 2015 ein Preisgeld von 250.000 US-Dollar. Im Jahr 2016 war der Gewinn auf 1.000.000 US-Dollar angestiegen. Beide Turniere gehören zur Kategorie der Major-Turniere von Counter-Strike. Das aktuellste ist die Eleague Boston – ebenfalls dotiert mit 1.000.000 Dollar, ausgetragen im Januar 2018.

An Teams verteiltes Geld im Zuge der League of Legends-Weltmeisterschaft 2016 (in Millionen US-Dollar)

Unique Viewers Online der Intel Extreme Masters World Championship 2017 (in Millionen)

Social Media Impressions bei der ESL One Hamburg (in Millionen)

Willkommen in der Kluft

League of Legends hielt die ersten Weltmeisterschaften im Jahr 2011 ab. Es begann als Aufeinandertreffen von nur zwei Servern – damals Nordamerika und Europa. E-Sport war bereits existent, beschränkte sich aber größtenteils auf die koreanische Star-Craft-Szene. Bis 2017 mauserte sich „LoL“ zu einem Spiel der Spitzenklasse. Bei der Weltmeisterschaft 2017 wurden zwischenzeitlich mehr als 80 Millionen Zuschauer gemessen. Das Finale verfolgten 57,6 Millionen Zuschauer.

„Kein Game gleicht einem anderen. Selbst wenn man 100 Mal den gleichen Champion spielen würde, dann wären es trotzdem 100 völlig verschiedene Games. Außerdem belebt nicht nur das 5v5 den kompetitiven Charakter des Games, sondern entsprechende Items, Kombos und Strategien. Das Spiel bietet einfach gefühlt unendlich viele Möglichkeiten, League zu zocken. Es wird also nie langweilig“, erklärt Maxim Markow, Caster, Streamer und YouTuber von Freaks 4U Gaming. „Zusätzlich kommen noch Faktoren außerhalb des Games dazu, wie Youtube-Content, Turniere, Streams, Fanarts, Cosplays und viele weitere Elemente, die für eine sehr spezielle Verbindung zum Game sorgen. Jeder gewinnt also etwas Anderes aus LoL für sich und bleibt nicht selten sehr lang bei diesem Spiel.“

Virtuelle Ballkünstler

Die FIFA-Reihe gibt es seit 1993 und hat eine beeindruckende Entwicklung hinter sich. Den Beginn stellte FIFA International Soccer dar. Aktuell steht FIFA 2019 in den Startlöchern. Am 16. Mai 2016 übertrug der Sender Sky die Halbfinalspiele und das Finale der virtuellen Bundesliga und sorgte zum ersten Mal für eine derartige Medienpräsenz für den E-Sport abseits des Internets. Mehr als ein Jahr später folgte ProSieben und zeigte das Counter-Strike-Finale der Intel Extreme Masters.
Damit war der Weg des E-Sports in das Bewusstsein der Welt nicht abgeschlossen. 2015 wurde der VfL Wolfsburg als erster Bundesligist auf das Internet-Phänomen aufmerksam und verpflichtete Benedikt „Salz0r“ Saltzer, einen professionellen FIFA-Spieler.

Sebastian Huber, Senior Account Manager von STARK eSports, erklärt: „Wir als Agentur STARK eSports sind sehr dankbar und stolz gemeinsam mit dem VfL Wolfsburg als First-Mover dieses Engagement begleiten, gestalten und weiterentwickeln zu dürfen. Wir sind auch davon überzeugt, dass durch diesen damals mutigen Schritt mit dem Einstieg in den eSports, die gesamte Branche deutlich davon profitiert hat, viele Fußballclubs und Unternehmen diesem Schritt gefolgt sind und sich nun auch vermehrt und aktiv in diesem spannenden Wachstumsmarkt engagieren.“

Benedikt Saltzer E-Sport

Benedikt Saltzer

Guten Tag, Benedikt Saltzer, und vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für uns genommen hast! Stell Dich bitte kurz vor.

Benedikt Saltzer: Ich bin 25 Jahre alt, komme aus der Nähe von Darmstadt und bin Pro-Gamer für den VfL Wolfsburg.

Da spielst Du schon seit 2015. Wie und wann hast Du FIFA für Dich entdeckt?

Saltzer: Ich habe schon immer gern Fußball gespielt, auch im echten Leben. Außerdem bin ich seit langer Zeit ein Fan von Computerspielen. Früher waren es meistens irgendwelche Strategiespiele und Aufbauspiele. In Verbindung mit meiner Fußball-Leidenschaft kam ich dann im Prinzip halt auch zu FIFA.
Das hat mich so gefesselt, dass ich versucht habe, besser und besser zu werden. Im Endeffekt kam ich durch einen Kumpel auf die ESL-Seite. Electronic Sports League. Das ist eine der größten Seiten in Europa und auch in Deutschland. Die ESL veranstaltet viele Wettbewerbe für alle möglichen Games. Darüber habe ich mich bei einer Deutschland-Liga angemeldet, bei der jeder mitmachen konnte. Da gab es keine Teilnahmegebühren oder sowas, sondern das war einfach eine Liga, bei der man sich aus Spaß mit anderen Leuten messen konnte. Da bin ich relativ schnell in den Top 10 gelandet und wurde vom einen oder anderen Team gescoutet. So bin ich im Prinzip in den E-Sport reingerutscht. Eigentlich war das Zufall, denn ich hatte nie die Intention, Pro-Gamer zu werden, sondern wollte einfach immer einer der Besten FIFA-Spieler sein. Dass es so groß geworden ist, konnte ich nicht absehen.

Stichwort Fußball im Real-Life: Warst Du auch in einem Verein?

Saltzer: Ja. Ich spiele seit dem fünften Lebensjahr Fußball. Bis zu dieser Saison habe ich in der Verbandsliga gespielt. Ich bin noch leidenschaftlicher Fußballer, aber ich habe ab der kommenden Saison einfach keine Zeit mehr. Trotzdem werde ich auf Kreisliganiveau noch spielen und versuchen, das eine oder andere Tor zu schießen.

Noch kurz zur ESL. War das damals die einzige Möglichkeit, entdeckt zu werden?

Saltzer: Früher, das heißt für mich: vor knapp zehn Jahren, da gab es im Prinzip keine anderen großen Ligen. Heute hat man da schon mehr Möglichkeiten, nicht nur in FIFA, auch in League of Legends, DOTA und so weiter. Damals gab es die ESL schon und die war die Anlaufstelle für jeden Gamer, weil man auf Wettkampfniveau gegen andere Zocker spielen konnte.

Was macht für Dich den Reiz an FIFA aus?

Saltzer: Dass ich mich mit anderen Spielern messen konnte. Egal bei welchem Spiel. Nicht nur auf dem echten Fußballplatz, auch bei FIFA oder anderen Spielen. Bei FIFA war es einfach so, dass ich so gut wurde, dass ich mich mit immer besseren und besseren Spielern messen konnte. Irgendwann wollte ich der Beste sein. Jedes Spiel fängt bei Null an. Jedes Spiel hat neue Voraussetzungen und neue Gegner. Das ist der Reiz bei FIFA. Man spielt das Spiel, das man liebt – Fußball – nur eben virtuell.

Wann hast Du das erste FIFA-Spiel gespielt?

Saltzer: 2002 oder 2003, da habe ich bei einem Kumpel gespielt. Das erste, das mir gehörte, habe ich 2004 bekommen. Zuerst habe ich nur gegen den Computer gespielt, bis es dann 2007/08 auch online losging. 2008/09 kam dann der Durchbruch.

Gibt es einen Punkt, an dem Du wusstest: Jetzt bin ich ein Pro-Gamer?

Saltzer: Das war der Moment, als mich der VfL verpflichtet hat. Ich habe natürlich früher schon den einen oder anderen Meistertitel geholt. Ab und zu habe ich ein kleines Preisgeld oder von den Clans eine Aufwandsentschädigung erhalten. Man war zwar sehr gut in seinem Spiel, aber man wurde noch lange nicht so profimäßig entlohnt. Eigentlich hatte ich vor, mein Studium auch von meinem Hobby zu finanzieren, aber durch die Verpflichtung hat sich einiges geändert. Erst danach habe ich realisiert, dass es eine ganz eigene Sparte ist, E-Sportler zu sein. Dass es jetzt wirklich möglich ist, von diesem Hobby zu leben. Man steht ganz anders in der Öffentlichkeit.

Vorher hat man schon diese WCG-Turniere gesehen, die in kleineren Hallen abgehalten wurden, aber dass es so groß wird, hätte keiner gedacht.

Benedikt Saltzer

Pro-Gamer, VfL Wolfsburg

Was ist Deiner Meinung nach der Grund dafür, dass E-Sport so beliebt geworden ist?

Saltzer: Der Einstieg des VfL ist einer der Hauptgründe. Die Entscheidung, als Fußballverein E-Sportler zu nehmen, schlug 2015 ein wie eine Bombe. Da haben auf einmal alle gemerkt: Hey, es gibt ja noch was Anderes als unsere „normalen“ Sportarten. Krass. E-Sport wächst sowieso. Deutschland hängt ein wenig hinterher, wenn man das mal mit dem asiatischen und dem amerikanischen Markt vergleicht, aber wir sind auf einem guten Weg. Der VfL ist einer der intelligentesten Vereine und stand schon immer für Innovation, weswegen wir auch den ersten Schritt gemacht, in Deutschland und teilweise in Europa eine Vorreiterposition eingenommen haben. Wir waren der erste Verein auf der Welt, der FIFA-Spieler unter Vertrag genommen hat. Es gab zwar schon einen Club, der LoL-Spieler genommen hat, aber FIFA nicht. Dann hat es noch ein Jahr gedauert, bis auch die anderen Vereine sich informiert haben. Danach ist alles explodiert. Vorher hat man durchaus schon diese WCG-Turniere gesehen, die in kleineren Hallen abgehalten wurden, aber dass es so groß wird, hätte keiner gedacht. E-Sports ist einfach so ein riesiger, wachsender Markt, so ein großes Teilnehmerfeld mit so vielen Leuten. Richtig Geld steckt da drin, weswegen sich immer mehr Medien dafür interessieren. Jahr für Jahr steigt das alles exponentiell, jeder will ein Teil davon sein oder Fuß fassen.
Meiner Meinung nach ist auch Twitch dafür verantwortlich. Darüber wird extrem viel gestreamt. Dazu kommen Mundpropaganda und die generellen Medien.

Benedikt Saltzer bei der Gamescom (r.), neben Timo Siep (l.)

Wie bereitest Du Dich für gewöhnlich auf Spiele vor?

Saltzer: Indem ich richtig viel spiele. Wir machen meistens noch ein Bootcamp, wo wir einzelne Situationen durchgehen: Standardsituationen. Eckbälle, Freistöße, Aufstellungen und Konteraufstellungen. Wenn einer zum Beispiel mit Aufstellung A spielt, kontert man mit Aufstellung B. Wir simulieren Situationen, in denen man sich im Vor- oder im Nachteil befindet und entsprechend reagieren muss. Man muss auch gegen verschiedene Typen mit verschiedenen Spielstilen spielen, um auf alles möglichst gut vorbereitet zu sein.

Wie sieht Dein Trainingsplan aus?

Saltzer: Wenn das neue FIFA rauskommt, sperren wir uns die ersten zwei bis drei Wochen ein. Im Dachgeschoss, in meinem Fall. Pro Tag spielen wir dann 8 bis 10 Stunden, um uns ans neue Spiel zu gewöhnen. Es ist jedes Mal eine 180 Grad-Drehung. Immer kommt was komplett Neues raus. Das ist schwer, weil wir ziemlich in der Materie drin sind und auf einmal ist alles neu. Wir müssen unglaublich schnell spielen, um uns daran zu gewöhnen, weil dann auch zeitnah die ersten Qualifikationen anstehen. Später in der Saison reichen dann drei bis vier Stunden pro Tag. Manchmal mehr, manchmal weniger.

Eine Frage zum Dachgeschoss. Spielst Du von zu Hause aus?

Saltzer: Wir haben mehrere Möglichkeiten. Zum einen bei meiner Agentur, die eng mit dem VfL zusammenarbeitet. Die hat ein eigenes Büro, in das wir manchmal eingeladen werden, speziell vor Turnieren. In Wolfsburg haben wir auch Möglichkeiten, etwa die Gaming-Zone. Sonst spiele ich zu Hause in meiner Wohnung.

Das heißt, Du bist Dein eigener Herr?

Saltzer: Im Prinzip schon. Man hat natürlich seine Vorgaben, etwa das eine oder andere Video zu machen oder zu streamen. Im Großen und Ganzen bin ich aber schon Herr über mich selber. Natürlich wird da auch ein Grundwert Professionalität verlangt und ein Pro-Gramer sollte sich bewusst sein, dass, wenn er wirklich für einen Verein spielt, er diesen auch bestmöglich repräsentieren muss.

Nur die schulische Leistung durfte nicht darunter leiden, das war das Wichtige.

Benedikt Saltzer

Pro-Gamer, VfL Wolfsburg

Wie fielen die Reaktionen innerhalb Deiner Familie bezüglich E-Sport aus?

Saltzer: Zu Anfang waren sie skeptisch. Als ich siebzehn war, wurde ich zu einem Turnier in Köln eingeladen, da sind sie mitgefahren, um sich das anzusehen. Insgesamt habe ich aber viel Glück mit meiner Familie, auch, weil meine Eltern sehr offene Menschen gegenüber dem ganzen Thema sind. Nur die schulische Leistung durfte nicht leiden, das war das Wichtige. Es gab da sonst keine echten Einschränkungen. Seitdem es dann mit dem VfL losging, verfolgen sie mich auch regelmäßig auf Social Media und sind schon ein Stück weit stolz. Da versuche ich, was zurückzugeben, nehme etwa meinen Vater mit zum Fußballspiel.

Wenn Du einen bestimmten Faktor aufzeigen müsstest, der dich während eines Spiels von anderen abhebt, was wäre das?

Saltzer: Die Erfahrung. Bei größeren Turnieren merkt man vor allem den jungen Spielern die Nervosität an, das wirkt sich auf das Spiel aus.
Unabhängig von der Erfahrung war ich schon immer ein Spieler, der sehr kontrolliert und durchdacht FIFA gespielt hat. Also, die Strukturen auf dem Platz sieht und die Bewegungsabläufe sieht. Außerdem spiele ich schon immer vorausschauend. Vor allem merke ich schnell, wie der Gegner spielt, kann einschätzen, wohin er spielen wird und so wichtige Pässe abfangen.

Nochmal kurz zu Deinem Studium: Was studierst Du, und hast Du dafür überhaupt noch Zeit?

Saltzer: Ich studiere Sport und Physik auf Lehramt. In den letzten anderthalb Jahren war ich aber eher seltener in der Uni, weil ich sehr wenig Zeit hatte. Trotzdem bin ich schon recht weit und habe auf jeden Fall vor, das Studium zu beenden. Ich bleibe auch weiter eingeschrieben. Vielleicht kommt noch ein Master hinterher, aber E-Sport bietet so viele Möglichkeiten, dass ich das momentan noch nicht absehen kann.

e-Sport

Benedikt Saltzer (Zentrum)

Wirst Du in der Sparte bleiben?

Saltzer: Ja, auf jeden Fall. Das wäre ein Traum von mir. Durch den VfL habe ich einfach viele Möglichkeiten und ein gewisses Standing in der Szene. Ich kann mir auch vorstellen, FIFA– oder E-Sport-Lehrer zu werden. Oder Vollzeit-Streamer. Mein aktuelles Hauptziel ist der E-Sport. Meine bestmögliche Leistung abrufen und nebenher zu gucken, was die Zukunft bietet.

E-Sport-Lehrer ist ein interessantes Gedankenspiel.

Saltzer: FIFA-Schulen gibt es ja schon, etwa in Norwegen oder auf dem asiatischen Markt. In Amerika verteilen sie schon Stipendien für gute E-Sportler. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Deutschland nachzieht. Ich bin überzeugt, dass E-Sport olympisch wird, weiterwächst und auch von der Regierung Fördermittel erhalten wird. Dadurch könnten kleinere Vereine und Schulen profitieren – und der Schritt zum E-Sports-Lehrer ist dann kein großer mehr. Da hätte ich mit meiner Erfahrung und meiner Ausbildung durchaus einen Vorteil. Das ist alles eine Frage der Zeit. Man muss sich umhören und offen sein.

Musstest Du Dich persönlich verändern? Oder bestimmte Aspekte des normalen Tagesablaufs? Ernährung, Zeitplan?

Saltzer: Nicht wirklich. Als Sportstudent und langjähriger Fußballer habe ich immer schon auf die Ernährung geachtet. Was sich verändert hat, war die Gewichtung des E-Sports. Irgendwann musste ich den RL-Fußball einschränken, später die Uni, weil der E-Sport Priorität Nummer eins war. Mittlerweile ist mein Tag um den E-Sport gestaltet. Vor einem Turnier steht das Trainingslager an, ansonsten wird gestreamt, YouTube-Content erstellt, drumherum wird Sport betrieben, zur Uni gegangen, und die Privatsphäre kommt ganz zum Schluss.

Möchtest Du sonst etwas loswerden?

Saltzer: Es ist mein Traum, dass jeder Fußballverein in Deutschland einen echten Pro-Gamer hat und dass es parallel zur „echten“ Fußball-Saison eine virtuelle Bundesliga-Saison geben soll. Dahingehend arbeitet auch die DFL. Meiner Einschätzung nach werden bis zur kommenden Saison vier weitere Vereine in den E-Sport einsteigen.

A rising tide

Abschließend lässt sich sagen, dass E-Sport nach wie vor wächst. Ein Abbrechen des Trends ist nicht zu erkennen. „Die Flut an Games sorgt immer wieder für Nachschub, wenn einige Titel vielleicht nicht mehr so beliebt sind. Immer mehr Menschen fangen an, am Computer, am Handy oder wo auch immer zu spielen. Und auch diese werden mitbekommen, dass ihr Game vielleicht mehr beinhaltet als sie denken“, findet Maxim Markow, Caster bei Freaks 4U Gaming.

Aus Korea und den Vereinigten Staaten bekannte Trends schwappen langsam zu uns über. Die große Bandbreite verschiedener Spiele und die enorme Nähe, die von bekannten Streaming-Plattformen zwischen den neuen Superstars und ihren Fans hergestellt wird, sorgen dafür, dass sich ein engeres Gemeinschaftsgefühl und ein ganz neues Sportverständnis etablieren. Ganz nach olympischem Vorbild: Dabei sein ist alles.

Titelbild: © dife88 / Pixabay.com

Bildcredits: © Thomas Heydecke, VfL Wolfsburg

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