Traditionelle vs. radikale Bierstile
Boris Ilic ist der Betreiber des Tap-House, das Ende 2013 nahe dem Ostbahnhof eröffnet hat. Die Craft-Beer-Bar in amerikanischem Stil steht im Kontrast zur Traditionsbierstadt München. Craft Beer, das bedeutet für Boris ein handwerklich gebrautes Bier, bei dem auf die Herkunft der Rohstoffe geachtet wird und zu dem der Brauer steht. „Es muss nicht jedermann schmecken, das soll auch nicht jedermann schmecken. Es gibt auch radikale Bierstile, die zum Großteil einfach nur Kopfschütteln erregen.“

Großbrauereien und Craft-Beer-Brauereien im Vergleich:
Bierausschuss in Hektoliter pro Jahr (Stand 2013 nach SZ.de)
Paulaner und Hacker-Pschorr
Crew Republic
Augustiner Bräu
Richlbräu
Der Craft Beer Trend
Pale Ale, Strong Beer, Oak Aged Beer – Craft Beer ist in Deutschland immer populärer geworden. Zahlreiche junge Brauer haben den Trend aus den USA aufgenommen. Dabei sind etwa 80 Prozent der deutschen Biere Craft Biere. Viele versuchen nur aus finanziellen Gründen den Hype aufzunehmen. Doch der Kunde wird immer anspruchsvoller und merkt das. „Da bereinigt sich der Markt von ganz alleine“, sagt Boris. Das deutsche Bier wird laut Boris immer billiger und verliert an Qualität. Das ist das Problem mit den herkömmlichen deutschen Bieren, „weil sie ja doch in den letzten Jahren auch gelitten haben“. Im Interview spricht er über Craft Beer, neue Bierstile und die aktuelle Entwicklung.
Das Tor zur Bierwelt
Diesen Leitspruch nehmen Boris und sein 15-köpfiges Team sehr ernst. Doch mit über 200 Biersorten sind die meisten Gäste erst einmal überfordert. Welcher Laie kennt schon den Unterschied zwischen Westmalle Triple und Smuttynose Triple? „Viele der Gäste bestellen deshalb nach Namen oder dem Aussehen – da raten wir Einsteigern schon mal ab.“ Boris legt bei seinen Angestellten viel Wert auf Fachkenntnis. „Gastronomische Erfahrung spielt bei uns keine große Rolle. Wichtiger ist es, den Gast an die Hand zu nehmen und durch den Abend zu führen. Wir verstehen uns als Bierbotschafter.“ Daher beraten die Tap-House-Mitarbeiter ihre Gäste eingehend. Der Großteil der Belegschaft sind angehende Braumeister oder Brauingenieure – darunter viele ausgebildete Biersommeliers.

Ihnen will die Craft-Bier-Szene etwas entgegensetzen
Die Münchner Großbrauereien im Überblick:
Augustiner Bräu
Löwenbräu
Hacker Pschorr
Paulaner
Hofbräu
Spaten
Der Bier-Test
Auch Tap-House Mitarbeiter Dario Stierer ist ausgebildeter Biersommelier. Der 25-jährige wollte schon immer Brauer werden und studiert dafür zwei Fächer: Brauwesen und Getränketechnologie sowie Diplombraumeister. Seit der Eröffnung des Tap-House berät er die Gäste individuell. Sein Fachwissen hat Dario in einem Bier-Test zur Schau gestellt. Aus einer Vorauswahl von zehn Bieren musste er drei erkennen. Um das Ganze noch zu erschweren, wurden die Biere in Cappuccino-Tassen gefüllt, damit man Farbe und Geruch schwerer erkennen kann.
Eine Bühne für die Underdogs
Zu den Topsellern gehören auch im Tap-House Bier-Klassiker wie Märzen, Weißbier und Lager, doch Rauchbier und Sauerbier holen auf. „Aus dem Münchner Umland haben wir Biere, weil wir unsere regionalen Wurzeln nicht vergessen wollen.“ Biere aus München fehlen bewusst in der Karte des Lokals. „Die haben genügend Absatzmärkte in München und sind auch ohne uns gut vertreten.“ Und die Craft-Beer-Szene in München schläft nicht. Immer mehr Bars vertreiben ausgewählte Craft Biere, immer mehr Brauer machen exklusive Biere. Neben über 160 angemeldeten Hausbrauereien, finden sich im Stadtgebiet auch folgende Craft-Beer-Brauereien:
Die Bier-Mission geht weiter
In Zukunft hat das Tap-House einiges vor. Anfang des Jahres ging die „Tap-House App“ online, in der die Gäste ihre Biere speichern und bewerten können. Damit wird der Überblick über die große Auswahl erleichtert wird und man seine Lieblingssorten auch schneller wieder findet. Fest steht: Wer ein gutes Craft Bier trinken will, der kommt am Tap-House nicht vorbei. Die Gäste kommen aus „aller Herren Länder“ – und auch aus München. Darauf ist Boris stolz. „Die Neugier ist schon mal da. Und wenn die Neugier da ist, dann liegt es an uns Gastronomen, das aufzufangen, weiterzuführen und zu pflegen.“