Cafés in München: Vier Geheimtipps

von Anja Kopf

Von wegen Biertrinkernation: Der Kaffee ist das Lieblingsgetränk der Deutschen – mit Abstand. So vielfältig wie das Getränk, so vielfältig auch die Orte, an denen es genossen wird. Wer es lieber außergewöhnlich mag, kommt an diesen vier Cafés in München nicht vorbei.

So viel Liter Kaffee trinkt ein Deutscher im Jahr

Anzahl der Cafés in München 2013

Umsatz der Cafés in München 2013 in Euro

Ladencafé ||Marais||

Hier geht’s zur Beschreibung des Cafés.

Kiosk-Café ||Fräulein Grüneis||

Hier geht’s zur Beschreibung des Cafés.

||Brown's Tea Bar||

Hier geht’s zur Beschreibung des Cafés.

Nacht-Café ||Muffins'n'More||

Hier geht’s zur Beschreibung des Cafés.

Die Lage der vier Cafés ist auf der Karte markiert. Unsere vier Geheimtipps sind:

Marais: Das Café der Sinne

Krachend mahlt die Maschine die Kaffeebohnen zu Mehl. Kaffeegeruch verbreitet sich im Raum, aus dem Lautsprecher schallt ein Saxophon. Es ist noch früher Vormittag, das Café Marais im Westend füllt sich langsam. Alexandra, eine der Chefinnen, läuft zwischen Theke und Küche hin und her, gibt Bestellungen auf.

Früher war hier das verstaubte Textilkaufhaus der Familie Mier.Vor neun Jahren haben Alexandra, Barbara und eine dritte Freundin diesen Ort entdeckt – und befreiten das Kaufhaus vom 70er-Jahre-Muff: Sie ließen Licht in den Raum und restaurierten das 100 Jahre alte Inventar. Jetzt fällt es im Marais schwer, sich sattzusehen: hier hölzerne Eisstöcke, dort bunte Fingerhüte aus Gummi in einer Schale. An einem Ständer hängen Hüte und Ledertaschen, die sicher schon einige Generationen überlebt haben. Wer alle Schubladen im Café aufziehen wollte, bräuchte sicher einen ganzen Tag.

Im Marais passt kein Stuhl zum anderen. „Wir waren auf Antikmärkten unterwegs und haben gesammelt, was uns gefällt“, sagt Alexandra. Freunde aus Frankreich bringen regelmäßig Schätze vom Flohmarkt mit. Da war es auch zum Namen nicht weit: „Marais“ wird französisch ausgesprochen. Also mit einem „Ä“ nach dem „r“. Denn der Namensgeber ist das gleichnamige Stadtviertel in Paris.

Fast alle Gegenstände haben ein Preisschild – ursprünglich wollten Alexandra und Barbara aus dem ehemaligen Kaufhaus ein Laden mit Café machen. Inzwischen ist beides miteinander verschmolzen. So sind die großen Fenster nicht nur Schaufenster, sondern auch eine lichtdurchflutete Sitzfläche. In einer dieser Fensternischen sitzt ein junger Mann und liest ein Buch. Vor ihm eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen. Die Kuchen sind alle hausgemacht, wer direkt vor der Kuchenvitrine steht, kann den süßen Duft nicht ignorieren. Am anderen Ende unterhalten sich zwei Männer angeregt über ihre Arbeit, während sie frühstücken.

Ach ja, und der Kaffee selber? Der schmeckt hervorragend. Sagt der Architekt vom Büro nebenan. Der holt jeden Tag auf dem Tablett frischgebrühten Kaffee für seine Kollegen. „Der ist einfach viel besser als der aus unserer Maschine. Und um den Abwasch müssen wir uns auch nicht kümmern“, sagt er lachend.

Zurück zur Karte.

Infos zum Café

Parkstrasse 2
80339 München

Tel: 089 / 500 94 552

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag: 8.00 bis 20.00 Uhr
Sonntag: 10.00 bis 18.00 Uhr

http://cafe-marais.de/

Infos zum Café

Lerchenfeldstr.1a
80538 München

Tel: 0176 / 647 10 237

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 8.00 Uhr bis kurz nach Dunkelheit
Samstag und Sonntag: 10.00 Uhr bis kurz nach Dunkelheit

http://www.fraeulein-grueneis.de/

Fräulein Grüneis: Vom stillen zum schönen Örtchen

Über der Tür des Häusleins im Englischen Garten steht in großen Buchstaben „FRAUEN“. Ein Café in einer Toilette? Wer eintritt, kommt in ein Winterwunderland. In dem engen Raum hängen Filzsterne und Schneekugeln aus Wolle von der Decke, in der Sitzecke steht ein Weihnachtsstern. „Wenn der Winter schon nicht draußen ist, holen wir ihn wenigstens hier rein“, sagt Adi. Er legt einen Holzscheit in den Schwedenofen.Adi ist einer der zwei „Quoten-Jugos“, wie sich die zwei Mitarbeiter des „Fräulein Grüneis“ selber nennen.

Der Café-Kiosk „Fräulein Grüneis“ steht etwas versteckt in einer Ecke des Englischen Gartens, in direkter Nachbarschaft zu den Eisbachssurfern und dem Nationalmuseum. Spaziergänger, Jogger, Museumsbesucher, Geschäftsleute im Anzug und natürlich auch die Surfer kommen hier vorbei. Für einen Kaffee, für den selbstgebackenen Kuchen, für ein kleines Mittagessen. Auf der Karte stehen immer drei Gerichte: Suppe, ein vegetarisches und eines mit Fleisch.

Der andere „Quoten-Jugo“ ist der Koch Timor. Er steht vor vier Töpfen und schneidet Knoblauchzehen für das Mittagsgericht. Die Tür geht auf, ein junger Mann bestellt einen Cappuccino zum Mitnehmen. „Adi, kannst du den mal bitte machen? Wenn ich den mach‘, schmeckt der nach Knoblauch“, sagt Timor. Adi quetscht sich an ihm vorbei, der Küchengang ist gerade mal einen Meter breit. Und trotzdem gehen im Sommer gut 200 Mittagessen über die Theke.

Mittags kommt Henning vorbei, einer der beiden Besitzer. Der 46-Jährige ist lang und schlaksig, hat graue Schläfen. Seine Frau Sandra war die treibende Kraft hinter der Idee, aus dem Frauenklo ein Café zu machen. Jetzt ist Sandra hier der Chef, Henning kümmert sich um die Technik und alles, was die Presse angeht. Bis 1992 war das Klohaus ein bekannter Schwulenstrich. 16 Jahre später legte Sandra ihr Café-Konzept vor – und scheiterte erstmal an der Bürokratie. „Die Bedenkenträger sind mit dem Bus angefahren“, sagt Henning und schmunzelt. Ein zweiter Versuch war dann erfolgreich, im Januar 2011 kam die Zusage, ein halbes Jahr später wurde „Fräulein Grüneis“ endlich eröffnet.

Ein weißer Lieferbus hält vor dem Häuschen. Ein Mann lädt einen braunen Karton aus. „Stell‘ den einfach hinten rein“, ruft Henning ihm zu. In dem Paket sind Säfte, hergestellt in Obersendling. Aus Rohkost, pur und unverfälscht. Nur eines der vielen Produkte, die aus der Region kommen. Hennings Philosophie: „Uns ist wichtig, dass wir in unserem Café Sachen anbieten, die wir mit gutem Gewissen verkaufen können.“ Daher stehen über der Sitzecke Flaschen mit „Duke Gin“ aus Schwabing und Gläser mit goldgelben Honig aus dem Englischen Garten. Eine öffentliche Toilette gibt es im Fräulein Grüneis übrigens auch. Und wer dann das stille Örtchen im ehemaligen Örtchen aufsucht, entdeckt Fotos vom alten Toilettenhaus.

Das Fräulein Grüneis vor dem Umbau
Zurück zur Karte.
Das Fräulein Grüneis nach dem Umbau

Brown’s Tea Bar: Very british

„Ah, Frau Gertrude. Alles gut bei Ihnen?“ Café-Chefin Rosa Casalino empfängt die ältere Dame mit ausgestreckten Armen. „Wie immer? Ein Stück Lemonpie und eine Tasse Prince of Wales?“ Frau Gertrude, eine Stammkundin mit schwarzem Hut, nickt. Mit geübten Handgriffen schenkt Rosa heißes Wasser in die Tassen und hängt das Teesieb hinein. „Bitte drei bis vier Minuten ziehen lassen.“ Klassische Musik erfüllt das Café.

„Brown’s Tea Bar“ in Münchens Studentenviertel ist eine Zeitreise ins alte England. Schummriges Licht fällt auf Ölgemälde, die britischen Landadel zeigen. Kniehohe Reitstiefel stehen auf einer Kommode, in den Bücherregalen liegen englische Titel, zwischendrin Porzellanhunde. Ein steinerner Deko-Kamin strahlt nostalgische Gemütlichkeit aus. Der Raum ist langgezogen, die Bar reicht fast von der einen Seite zur anderen. Parallel dazu stehen hohe Tische. Wer etwas Glück hat, ergattert einen Platz in der Sofaecke. Wie die alte Dame, die sich in einen Ohrensessel sinken lässt und ihr Buch aufklappt.

Rosa Casalino steht hinter der Bar. Seit zwölf Jahren ist sie die gute Seele der „Tea Bar“, offiziell die Betriebsleiterin. Die Italienerin hat das Café als Kundin kennengelernt und war so angetan, dass sie sich dort beworben hat. Jetzt wirbelt Rosa durch den Laden, begrüßt fast jeden Kunden mit Namen. Viele kommen von den Unis um die Ecke, ein deutsch-englisches Stimmengewirr erfüllt den Raum. „Frau Gertrude, Ihr Tisch wackelt ja. Lassen Sie mich mal eben machen. Nur kurz drehen. So, ich kenn den Laden hier blind, er ist mein Baby“, sagt sie. Schon ist Rosa wieder weg, tauscht Kerzen aus und stapelt leere Tassen in die Spülmaschine.

In „Brown’s Tea Bar“ gibt es natürlich auch Kaffee – im Mittelpunkt stehen jedoch die mehr als 80 Teesorten, selbstgebackene Kuchen und Scones. Draußen wird es langsam dunkel. Frau Gertrude klappt ihr Buch zu und stellt das benutze Geschirr auf die Theke. Sofort ist Rosa da: „Frau Gertrude, vielen Dank. Bis zum nächsten Mal!“ Lächelnd tritt die alte Dame auf die Straße.

Zurück zur Karte.

Infos zum Café

Türkenstraße 60
80799 München

Tel: 089/ 255 43 839

Öffnungszeiten:
Montag bis Samstag: 10.00 bis 19.00 Uhr
Sonn- und Feiertag: 13.00 bis 18.00 Uhr

http://www.victorianhouse.de

Über das Café

Volkartstrasse 25
80634 München

Tel: 089/ 550 63 796

Öffnungszeiten:
Dienstag: ca. 17.07 bis 24.57 Uhr
Mittwoch und Donnerstag: ca. 15.07 bis 24.57 Uhr
Freitag und Samstag: ca. 13.07 bis 24.57 Uhr
Sonntag: ca. 13.07 bis 19.57 Uhr

http://www.muffins-n-more.de/

Muffins’n’More: Die Konditorei des Grauens

Von der Decke baumelt eine blutüberströmte Barbie, an der Wand hängt der Dalai Lama neben einer nackten Frau. Und hinter der Bar steht JayJay Eichmann, ein Original mit blauem Vollbart. Er und seine kanadische Ex-Frau Marina betreiben das Nacht-Café „Muffins’n’More“.

Über das Jahr verteilt gibt es 20 Sorten Cheesecakes. Statt aus Quark, wie der deutsche Käsekuchen, besteht der kanadische Kuchen aus Doppelrahmkäse. Konditormeisterin Marina experimentiert gerne: Da gibt es Stücke mit Oreo-Keksen, Schoko oder Himbeeren. Ab und zu backt sie auch Blue-Curacao-Cheesecake – aber den kauft keiner. Zu ungewöhnlich. Genauso wie die Muffins, von denen es früher sogar 30 Sorten gab. „Aber wir können ja nicht immer alles wegschmeißen“, sagt JayJay.

Für zartbesaitete Personen ist das „Muffins’n’more“ eher nichts. Weingummis in Vaginaform und das Gemälde mit einer masturbierenden Frau ist nur ein auf Vorgeschmack auf die Toilette. „Kinder sollten nicht alleine aufs Klo gehen, da besteht Erklärungsbedarf“, sagt JayJay. Dort sehen Besucher viel nackte Haut, viel Provozierendes. Das liegt auch dran, dass JayJay zwischen den Geschlechtern wandelt. Deswegen hängen im Café schwarze Pumps mit zehn Zentimeter hohen Absätzen. Ein Absatz ist verbogenen. Damit hat JayJay einmal auf der Bar getanzt und ist heruntergefallen.

Der 61-Jährige will den Menschen einen Spiegel vorsetzten, sie zum Denken anregen. Nicht nur mit der Inneneinrichtung, sondern auch mit den Schaufenstern. Dort hat er eine Krippe aufgebaut: „Der Besuch der 27 Könige“. Spielfiguren und Barbiepuppen sind dort sorgsam drapiert. Einer Barbie fehlt ein Bein, sie küsst einen Alien. Allerdings hat JayJay die Dekoration schon sehr entschärft. Zwar kommen viele gebildete und weltgewandte Leute vorbei – sie sind von dem verrückten Laden begeistert. Aber gerade nach dem Rauchverbot blieben viele Stammkunden aus, neue Kunden sind nicht einfach zu gewinnen. „Und von irgendwas müssen wir ja leben.“

Nach 15 Jahren steht eine gravierende Änderung bevor. JayJay und Marina wollen ihre ungewöhnliche Konditorei umbenennen in „Muffins’n’Cheesecake“. Denn: „Jetzt gibt’s alles in more.“ Wem das ganze süße Zeug zu viel ist, kann auch auf JayJay’s Chili con Carne oder Pferdewürstchen zurückgreifen. Die ernten zwar ab und zu pikierte Blicke. Aber Provokation gehört hier zum Geschäft.

Zurück zur Karte.

Pin It on Pinterest

Share This